Das Jahr 2020 ist ein besonderes Jahr. Irgendwie ein bisschen so, als ob uns die Welt spontan den Mittelfinger gezeigt hat und jeder froh ist, wenn das Jahr endlich vorbei ist. Die Coronakrise ist über uns hereingebrochen. Das Coronavirus bestimmt weiterhin unser Leben und der Klimawandel und andere Katastrophen sind in Vergessenheit geraten, genauso wie das Maut-Desaster von Herrn Scheuer. Unsere Kinder werden also gleich in vielerlei Hinsicht vom Schicksal hart getroffen. Denn die Suppen (egal welche), werden irgendwann sie auslöffeln müssen.
Ich hatte diesen Text schon mehrfach angefangen und immer wieder unterbrechen müssen, weil eines der Kinder in häusliche Quarantäne kam, krank war oder sich die ganze Situation wieder verändert hat. Eigentlich wollte ich drüber schreiben, wie wir so durch die Krise gekommen sind und wie es uns im Lockdown ging. Doch mittlerweile sind die Sorgen über das, was kommt, wieder viel präsenter als das, was war. Daher werde ich hier und heute einen zugegeben emotionalen, wenig Fakten gestützten Artikel schreiben, um Unmut, Sorgen, Unsicherheiten einen Raum zu geben und wieder mehr Platz für seichte Dinge im meinem Kopf zu haben.
Ein kurzer Rückblick in unseren Corona Start
Ich habe ehrlicherweise zu den Menschen gehört, die Corona anfänglich völlig unterschätzt haben. War ja in China, ist sicher wie eine Grippe. Warum riegeln die so viele Menschen ab? Die armen Chinesen… Die ersten Fälle kamen und gingen wieder und wir sind in den Skiurlaub gefahren, nach Tirol – Mitte März war das. Ja, das war genau die Ischgl-Desaster Zeit und Tirol wurde zum Risikogebiet erklärt und wir sollten uns in häusliche Quarantäne begeben. Mein Schwager, der dabei war, wurde dann auch noch drei Tage später positiv getestet, allen anderen ging es aber gut, und er hatte einen sehr milden Verlauf wie bei einer Erkältung und war schnell wieder gesund.
In Italien schossen die Infektionszahlen nach oben und die ersten erschreckend hohen Todeszahlen waren in der Presse zu lesen. Ich war schockiert und verängstigt. Ich war bereit zum Schutz für uns, für Alle, in die Quarantäne zu gehen – ohne Kompromisse – und war auch bereit, unseren Politikern zuzuhören und Einschränkungen in Kauf zu nehmen. Die Wochen verstrichen, zu Hause wurde es immer ungemütlicher, die Zündschnur war bei allen sehr kurz und fehlende soziale Kontakte machten uns schwer zu schaffen. Unser großer Sohn war ein Vorschulkind und wir waren total verunsichert, ob ein Schulstart unter diesen Bedingungen das Richtige sei. Wir haben lange hin und her überlegt, uns mit Erziehern, Schulleitung und Kinderarzt beraten und uns zum Wohle unseres Sohnes für die Einschulung entschieden. Der Lockdown wurde langsam wieder aufgehoben, der Sommer stand vor der Tür und die Hoffnung wuchs wieder.
Ein paar Narben aus der ersten Zeit sind sicher bei uns allen geblieben, aber die verheilen. Uns ging es vergleichsweise gut und ich will mich nicht weiter darüber beklagen. Mein Corona Lockdown Fazit:
Es war eine „Kackzeit“ für uns, um meinen Mann zu zitieren. Nichts war mit zur Ruhe kommen, sich auf das Wesentliche konzentrieren, entschleunigen wie man von so vielen Singles und Kinderlosen gehört und in dem Medien gelesen hat. Nee, wirklich nicht! Aber uns ging es trotzdem gut, wir wohnen in einem kleinen Haus mit kleinem Garten, konnten uns beruflich arrangieren, auch wenn das überaus herausfordernd war, und sind vergleichsweise gut finanziell abgesichert. Es ist also Meckern auf hohem Niveau – keine Frage. Und wir hatten es vorerst überstanden und der Alltag kam wieder, auch wenn wir Masken tragen und Abstand halten mussten und müssen.
Ich bin nicht systemrelevant – Mutti in der (Corona)Krise
Tja, was bin ich dann? Ich bin Mensch, Frau, Mama, ich habe – inzwischen hatte – einen Job, ich bin Teilzeit-Hausfrau – nur leider nicht „systemrelevant“. Leider bedeutet das auch: Meine Kinder sind auch nicht systemrelevant. Pech gehabt. Vielleicht beim nächsten Mal. Es fühlt sich schon sehr abwertend und frustrierend an, wenn man die Bevölkerung in systemrelevant und nicht systemrelevant einteilt. Oder geht es nur mir exzentrischer Persönlichkeit so?
Kinder haben keine Lobby in Deutschland
Ich muss sagen, ich war etwas überrascht bis hin zu stinksauer, wie wenig die Rechte der Kinder und ihr Wohl berücksichtigt wurden. Wir haben bereits über Fußballspiele diskutiert, als Kindergärten und Schulen noch geschlossen waren und Spielplätze nicht bespielt werden durften, während dort Sportler aber turnten. Das hat mich irritiert.
Auch in Deutschland sind pädagogische Einrichtungen für viele Kinder Zufluchtsort. Wo Schule oder Kindergarten ein sicherer Hafen sind und Pädagogen wichtige Bezugspersonen, wo vielleicht das Essen im Kindergarten die einzige warme Mahlzeit am Tag ist. Einrichtungen helfen, häusliche Gewalt sichtbar zu machen und Sprache zu lernen oder den Alltag zu meistern… da wird mir dann schon mal so richtig übel, wie schnell und leichtfertig über das Wohl aller Kinder geschaltet und gewaltet wird „zum Wohle Aller“. Ehrlich gesagt hat mich das schwer erschüttert.
Kinder haben ein Recht auf Bildung
Und zwar alle Kinder! Klar, kann ich irgendwie Homeschooling machen, bekomme ich schon hin (mehr schlecht als recht), aber es gibt nun mal Familien in Situationen, da geht das nicht. Was ist mit diesen Kindern? Ja, Corona ist furchtbar und ja, wir sind mitten in einer Pandemie. Aber sind unsere Kinder nicht das, was wir am meisten schützen müssen?
Zu dem gibt es jetzt auch Studien die Belegen, dass Schulen nicht die Treiber der Pandemie sind.
Mich nerven Politiker und viele Medien nur noch!
Die Zahlen steigen (welch Überraschung), aber über welche Zahlen sprechen wir? Zahlen werden teilweise aus dem Kontext genommen oder absolut und ohne Relation betrachtet. Zudem hat man das Gefühl, das Politik nur noch durch Medien bestimmt wird, je dramatischer die letzte Corona Schlagzeile war, um so schärfer wird die nächste Regel, desto mehr Restriktionen werden aufgestellt. Ich habe nicht mehr das Gefühl, das überlegt und mit Bedacht gehandelt wird.
Nehmen wir das Alkoholverbot ab 22.00 Uhr. Super Idee, weil die Gastronomen, die sich ein Bein ausreißen, um Hygienestandards zu schaffen, Kontaktperson festzuhalten, die sind jetzt raus. Jetzt verzieht sich das feierwütige Volk ins Private, ins „Verborgene“ und da trägt sicher jeder eine Maske und nachverfolgen lässt sich das bestimmt auch super. Und ja, wäre ich 20 Jahre alt und voller Flausen im Kopf (so ist das wenn man 20 und jünger ist), wäre ich sicher auch unter dem heimlichen Partyvolk zu finden und Du vielleicht auch. Vielleicht sogar Herr Söder (war der jemals 20?). Ich finde unsere Jugend ständig anzuprangern auch eher kontraproduktiv. Wenn man überlegt, wie schädlich Rauchen ist, wieviele Lebensmittel ungesund sind, wie Umweltverschmutzung uns gesundheitlich bedroht, wie viel Plastik wir in den Meeren, wie viele Pestizide in Boden, Wasser, Luft haben… wieso sind wir da nicht so stringent, so konsequent? Wieso bekommen wir trotz Klimawandels, der unsere Existenz wohl nicht weniger, sondern eher mehr bedroht, keinen Kohleausstieg hin, aber unsere Kinder müssen beim Schulsport Maske tragen und bei winterlichen Temperaturen bei offenem Fenster im Klassenzimmer sitzen?
Manche mögen sagen, das lässt sich schwer vergleichen. Ich bin da nicht so sicher, um ehrlich zu sein, aber zurück zum Akuten (wie war das nochmal mit dringend vs wichtig?). Viele Schüler sind in Quarantäne, ja! Aber wieviele dieser Schüler sind infiziert? An unserer Schule waren zwei Geschwisterkinder positiv getestet worden. Wie in der Grundschule üblich, hatten sie keine Maske auf ihrem Platz beim Unterricht im Klassenraum getragen (sonst schon), weiterhin hatten sie die Mittagsbetreuung besucht. Dabei gab es auch Situationen wie z.B. beim Essen, bei denen keine Maske getragen wurde, ansonsten haben die beiden sich genauso wie die meisten Schüler an die AHA Regeln gehalten. Es waren 80 Kinder für 14 Tage in Quarantäne und kein einziges anderes Kind hatte sich angesteckt…
Warum werden keine Zahlen veröffentlicht, wie viele Infektionen tatsächlich in Einrichtungen stattfinden? Das würde mich brennend interessieren und würde eventuell Klarheit darüber bringen, wie sehr wir das Schul- und Kita-Leben unserer Kinder wirklich einschränken müssen. Über offene Fenster im Winter möchte ich einfach nichts mehr sagen und schüttle gedanklich meinen Kopf. Auch hier gäbe es sicher bessere Lösungen oder meint Ihr, Schreiben lernen mit eiskalten Fingern macht Spaß und Frieren im Klassenzimmer generell Lust auf’s Lernen? Ach ja, man hätte ja in den Sommerferien Entlüftungslagen einbauen können, aber das war wohl zu aufwendig.
Die häusliche Quarantäne
Am fünften Schultag unseres Erstklässlers kam der Anruf: Sie müssen Ihren Sohn abholen, er ist Kontaktperson eines Corona positiv getesteten Kindes. Hurrrraaaaaa! Was bedeutet das?
Mein Kind muss sofort in eine häusliche Quarantäne, alle anderen Familienmitglieder nicht. Also auch der kleine Bruder darf weiterhin in die Krippe gehen. Eine Krankschreibung für den Arbeitgeber bekommen die Eltern allerdings nicht, sie sind ja nicht in Quarantäne. Äh, was? Ach ja, das (gerade sechs gewordene!) Kind soll doch bitte auch die Mahlzeiten getrennt einnehmen und sich auch sonst „isolieren“ vom Rest der Familie. Sorry, am Arsch, wo lebt Ihr denn, liebe Regelmacher?
Nachtrag 20.10.2020: Da RKI hat nun auf einem Flyer folgendes veröffentlicht:
Kinder in Quarantäne
Wenn für Kinder Quarantäne angeordnet
wird, können nicht immer alle Hygieneregeln eingehalten werden. Denn Kinder –
insbesondere Kleinkinder – die unter Quarantäne
stehen, brauchen die Fürsorge und Zuwendung
ihrer Eltern/familiären Bezugspersonen.
▶ Versuchen Sie, die Hygieneregeln so gut es geht
einzuhalten und individuelle Lösungen für Ihre
Situation zu finden.
▶ Weitere Fragen beantwortet bei Bedarf auch das
zuständige Gesundheitsamt.
Quelle: Flyer Häusliche Quarantäne vom Robert Koch Institut – DOI: 10.25646/6523.5
Bestenfalls meldet sich zeitnah das Gesundheitsamt und veranlasst einen Test – bei uns hat es drei Werktage gedauert, mit Wochenende fünf, bei anderen noch länger. Wir haben das sofort selbst machen lassen, da wir unseren kleinen Sohn sonst nicht mit gutem Gewissen in die Kita hätten gehen lassen können. Wir haben schließlich nach wie vor alle eine Verantwortung. Der erste Test war also negativ, der zweite Test drei Tage später auch. Trotzdem durfte unser Sohn nicht zurück in die Schule, für 14 Tage nicht das Haus verlassen. Macht das Sinn? Ich finde nicht. Wer positiv getestet wurde, dann nach 48 Stunden ohne Symptome einen negativen Test vorweist, darf allerdings wieder am normalen Leben teilnehmen. Äh… ja.
Aus den persönlichen Gesprächen kann ich sagen, dass weder unser Kinderarzt noch die Ärztin vom RGU (Referat für Gesundheit und Umwelt) dieses aktuelle Vorgehen nachvollziehen konnten.
Mein naiver Vorschlag: Alle Familienmitglieder gehen in Quarantäne – mit Krankschreibung für die Eltern – bis das Kind oder die Kontaktperson negativ getestet ist, dann muss das Kind noch bis zum zweiten negativen Test zu Hause bleiben und dann darf es wieder ganz normal am Leben teilnehmen. Wäre das nicht sinnvoller?
Verbote, Aktionismus, Willkür… mein Wunsch an unsere Politiker und Medienvertreter
„Freiheit ist eben keine weiche Knetmasse, die sich jedem noch so unplausiblen Konzept zur Pandemiebekämpfung anpasst. Die Gerichte sollten den Mut aufbringen, Verbote zu kippen, wo sie auf schwachen Beinen stehen.“ Zitat Wolfgang Janisch, Süddeutsche Zeitung vom 12.10.2020
Nein, ich glaube nicht an Verschwörungstheorien, nicht dass Bill Gates hinter allem steckt, nicht an Chemtrails etc., bin keine Aluhut-Vertreterin. Aber unsere Freiheit ist ein kostbares Gut und wir bewegen uns gerade an einer gefährlichen Grenze.
Ich wünsche mir von unseren Politikern, mit uns ins Gespräch zu gehen, nicht willkürlich Maßnahmen zu ergreifen, die sich nicht durch Fakten und auch nicht durch RKI Empfehlungen stützen lassen. Die Politik und wir alle dürfen den Glauben an uns als Menschen mit viel Gutem in uns nicht verlieren. Die Kanzlerfrage und nächste Wahl dürfen keine Rolle in dieser Pandemie spielen, auch wenn wir alle wissen, dass das nicht die Realität ist. Ich wünsche mir, dass das Wohl unserer Kinder und somit auch unserer Zukunft an erster Stelle steht. Ich wünsche mir auch, dass die Medien Überschriften nicht nach Klickraten erstellen und unsere Politik sich nicht von reißerischen Medien beeindrucken und ihr handeln leiten lässt. Naiv, ich weiß.
Ich möchte Menschen, meine Familie und letztendlich auch mich gut geschützt wissen, aber ich möchte mein Leben nicht angstgetrieben leben, ich möchte frei sein dürfen und die Gefahren kennen und selbst entscheiden dürfen, wie viel Gefahr für mich OK ist, ohne dass ich dabei andere gefährden möchte.
Ich bin bereit jede Maßnahme zu tragen, die sinnvoll schützt und hilft. Ich bin bereit Einschränkungen hinzunehmen und trage gerne, wann immer es Sinn macht eine Maske. Aber, bitte nimmt Kindern nicht das Recht auf Bildung, lasst Kindergärten offen und findet Lösungen die wirklich Sinn machen.
Ein schöner Artikel dazu von eine ganznormalemama.com für mehr kreative Lösungen für unsere Kinder.
Ich wünsche mir auch, dass wir diese Pandemie schnell überwinden. Aber was ist, wenn der Impfstoff nicht wirksam ist oder ein Medikament noch länger braucht, soll unser Leben dann dauerhaft so sein? Ich hoffe nicht, denn das darf nicht sein.
Bleibt alle gesund und gebt auf Euch Acht.